Warum du ungefragte „Ratschlaggeber/innen“ am liebsten auf den Mond schießen würdest.

„Also an deiner Stelle würde ich…!“ oder „Du musst…!“

Diese Sätze sitzen. Insbesondere, wenn sie für dich aus dem Off kommen. Du hast dich weder über etwas beschwert, noch ein Problem geschildert oder oder. Selbst dann:

Der ungebetene Ratschlag gilt als Todsünde der Kommunikation, auch, wenn er aus guter Absicht erfolgt.

Es heißt zudem „In jedem Ratschlag steckt ein Schlag.“.

Solche „Tipps“ bringen dich auf die Palme, weil:

  • ….du es als Bevormundung auffasst. Einer der vier psychologischen Grundbedürfnisse, die der Psychotherapieforscher Prof. Dr. Klaus Grawe identifizierte*, ist das Bedürfnis nach Autonomie. Dies bedeutet, dass wir selbstbestimmt auf unser Leben einwirken möchten und daher gerne selbst darüber bestimmen, wann und von wem wir Feedback entgegennehmen. Alles, was diesem Grundbedürfnis widerspricht, empfinden wir als übergriffig. Da verwundert es kaum, dass uns die Hutschnur platzt, setzt unser Gegenüber ungebeten zum RatSCHLAG an.
  • …du damit den Eindruck gewinnst, dass die ratgebende Person glaubt, dass du nicht von alleine auf ihre Vorschläge gekommen wärest. Die Person versetzt sich damit in den „Hochstatus“ und du rutschst galant in den „Tiefstatus“. Bedeutet konkret: Die Person erhebt sich über dich, wenn auch unbewusst.
  • …du dich gekränkt fühlst. Auch hier hat Prof. Dr. Klaus Grawe eine Antwort. Der Mensch hat ein Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung, einem weiteren der vier psychologischen Grundbedürfnisse, die der Psychotherapieforscher in seiner Arbeit* beschreibt. Wir alle streben nach Wertschätzung, die positive Gefühle in uns auslöst. Genauso löst unser Eindruck, mit unseren Zielen, Gefühlen oder Leistungen „nicht gesehen“ zu werden, negative Gefühle aus.

Gleich zwei Grundbedürfnisse werden also verletzt. Daher musst du dich nicht über dich wundern, wenn dir in solchen Situationen die Luft wegbleibt.

Diese Gedanken helfen, um deinen Puls wieder zu beruhigen:

  • Werfe Gedanken wie „Für wie doof hält mich diese Person überhaupt?“ gleich über Bord. Menschen gehen von sich aus. Vielleicht haben sie ihre Tipps selbst gerade irgendwo gelesen und sind sich sicher, dass sie auch für dich ganz neu sind!
  • Nicht jeder dieser Menschen ist eine Klugscheisserin / ein Klugscheisser. Viele Menschen helfen einfach gerne und gehen daher davon aus, dass du dich darüber freust! Versuche, Milde walten zu lassen und etwas für dich mitzunehmen. Falls dir dein Gegenüber nicht wirklich sympathisch ist: „Trenne Botschaft von Botschafter“. Vielleicht ist dennoch etwas Hilfreiches dabei!
  • Es gibt Menschen, die es lieben, mit dem Rotstift durch das Leben ihrer Mitmenschen zu gehen. Vielleicht hast du es gerade mit so jemandem zu tun? Nimm es nicht persönlich! Das Problem liegt bei deinem Gegenüber.

So kannst du antworten, wenn dir gar nicht nach Zuhören ist:

  • „Vielen Dank.“ (Punkt.)
  • „Darüber hab ich selbst schon nachgedacht, bin aber zu einem anderen Schluß gekommen.“
  • „Ich bin zufrieden wie es ist! Ich brauche daher keine Tipps, aber komme gern auf dich zu, falls sich das ändert!“ Sofern du das wirklich möchtest ;).

Doch achte auf Red Flags, um Menschen zu erkennen, die dir nicht guttun. Womöglich auch in Zukunft nicht:

  • Die Person hört auch nach deinem STOPP nicht damit auf, denn „Sie meint es nur gut.“
  • Egal, was du sagst, egal, wie du argumentierst, die Person scheint dich nicht zu verstehen.
  • Die Person unterbricht dich dauernd, sodass du deine Argumente gar nicht zu Ende führen kannst. Es könnte sein, dass sie in „Austeil-Laune“ ist. Aber bitte nicht auf deine Kosten!
  • Sie verdreht dir deine Worte / Argumente im Mund und argumentiert auf dieser verdrehten (falschen) Basis weiter („Schwarze Rhetorik“).

Bei oben genannten Punkten hilft nur noch „Ab durch die Mitte und bitte nicht mehr umdrehen.“ Versprochen?

My own „Fettnapf“ und was ich daraus lernte:

Ich bin vor einigen Jahren mit ungebetenen Ratschlägen ordentlich aufgelaufen. Nämlich bei meinem Ex-Partner, der sich lediglich über seinen Kollegen „auskotzen“ wollte. Doch meine Helferseele sprang direkt an und ich unterbreitete ihm mit glänzenden Augen Reaktionsvorschläge.

Ich durfte dafür weder Blumen, noch Pralinen oder romantische Gedichte in Empfang nehmen ;). Ganz im Gegenteil!

Doch so wurde mir klar, dass es selbst in einer Partnerschaft oder unter besten Freundinnen angebracht ist, zu fragen, ob sich jemand nur etwas von der Seele reden mag oder einen handfesten Lösungsvorschlag von uns anstrebt. Wem dies merkwürdig vorkommt: Gebt euch gegenseitig einen „Freibrief“ für Feedback und Ratschläge, sofern dies in beiderseitigem Interesse ist.

Bist du auch schon einmal ins Fettnäpfchen getreten? Oder hast du auch diese eine Freundin, die es immer nur „gut meint“?

Lass dich nicht unterkriegen!

Deine Nicole

*Nachweis: Grawe (2004), Neuropsychotherapie, Hogrefe


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